05 Feb VATM-Tele-Kompass Berlin-Mitte zur „Vernetzten Gesellschaft 2020“
„Wir brauchen die Digitale Dividende II“ – Datenverkehr bis 2018 verzwölffacht – 50 Milliarden vernetzte Geräte – Vision und Strategie für Festnetzmarkt und Breitband 2030 eingefordert
Köln, 5.02.2013. „Wir befinden uns an einem Wendepunkt. Wir stehen im Grunde vor einer neuen industriellen Revolution“, sagte Ericsson-Geschäftsführer Stefan Koetz beim VATM-Tele-Kompass Berlin-Mitte in der schwedischen Botschaft. Er beschrieb Mobilität, Breitband, Machine to Machine (M2M) und Cloud-Anwendungen in seiner Keynote zum Thema „Connected Life 2020“ als Treiber einer vernetzten Gesellschaft. Sie würden die Industrie und die Gesellschaft nachhaltig transformieren, nicht nur in den Bereichen Logistik, Connected Cars und Verkehr, sondern auch Energie (Smart Grid, Smart Home), Automatisierung und Maschinenbau sowie im Gesundheitswesen. Der Datenverkehr via Mobilfunk werde sich bis 2018 weltweit insgesamt verzwölffachen. Der Gesprächsanteil bei der mobilen Nutzung sei hingegen in den vergangenen fünf Jahren von 90 auf zehn Prozent gesunken.
Ericsson setze bei dem Weg zur „vernetzten Gesellschaft 2020“ in Deutschland auf einen Technik-Mix aus Mobilfunk, Glasfaser, Richtfunk und Intelligenten Netzen. Eine investitionsfördernde Regulierung und weltweit abgestimmte Frequenzharmonisierung gab Koetz in Berlin als Handlungsempfehlung an die Politik. Koetz: „Beim mobilen Breitband brauchen wir die Digitale Dividende II, um auch auf dem Lande möglichst kostengünstig flächendeckend 50 Mbit/s für alle Bürger bis zum Jahr 2018 zu erreichen. Die frühzeitige Weichenstellung zur Nutzung der 700-MHz-Frequenzen hilft dabei, die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland zu verteidigen.“
Über die Perspektiven und Herausforderungen des digitalen Zeitalters diskutierten nach der Begrüßung durch den schwedischen Botschafter Staffan Carlsson und VATM-Vizepräsident Thomas Ellerbeck, Geschäftsführer Vodafone Deutschland, sechs Experten: Dr. Andreas Schuseil, Ministerialdirektor im Bundeswirtschaftsministerium, Alfred Klomfass-Bök, Leiter Synchromanagement ConnectedDrive/BMW, Jürgen Schunk, Leiter Hochspannungsnetze/ Vattenfall Europe Netzservice, Jürgen Hase, Vice President M2M Competence Center/ Deutsche Telekom, sowie Thomas Ellerbeck und Stefan Koetz. Moderiert wurde die Runde von Spiegel-Redakteur Markus Feldenkirchen.
Hase zeigte mit Beispielen aus Verkehr, Haushalt und Landwirtschaft, wie M2M-Anwendungen schon heute helfen: zum Beispiel, dass der Tierarzt rechtzeitig bei der Kuh auf der Weide zum Kalben ist oder der Diebstahl von Baumstämmen verhindert wird. „2020 werden wir diese Machine-to-Machine-Kommunikation überall haben – ob im Turnschuh, im Haus oder im Auto“, ist Hase überzeugt. Bis 2020 geht Ericsson von 50 Milliarden vernetzten Geräten weltweit aus. Wolle man neue Netzanwendungen analog Smartphone auch im Auto nutzen, sei eine flächendecke Breitbandversorgung natürlich auch im Mobilfunk erforderlich, so Klomfass-Bök. Autofahren werde bis 2020 durch neue Anwendungsmöglichkeiten noch einmal deutlich sicherer. Damit dies zum Beispiel beim Notrufsystem eCall und Verkehrsinformationen auch über die Landesgrenzen hinaus gelte, fordere sein Konzern globale Standardisierungen. Aus Sicht des Energieversorgers Vattenfall, der sich auch im Bereich Breitband engagiert, werden in Abhängigkeit des Szenarios 27 bis zu 40 Milliarden Euro Invest in die Verteilernetze im Zuge der Energiewende erforderlich sein. „Der Smart Market ist auch für die Telcos interessant“, meinte Schunk, der generell die Rolle der TK-Unternehmen bei der Energiewende unterstrich.
Zu dem Blick auf die „vernetzte Gesellschaft 2020“ gehörte natürlich die Frage, wie diese politisch erfolgreich mitgestaltet werden kann. Ein Glasfaserausbau bis ins Haus würde rund 80 Milliarden Euro kosten. Ellerbeck forderte eine Absenkung der Entgelte für die Teilnehmeranschlussleitung (TAL), die die Wettbewerber an die Telekom zahlen müssen. Die Kupferinfrastruktur sei inzwischen abgeschrieben, technisch aber nicht ausgereizt, wie sich jetzt bei Vectoring zeige. Zudem seien die Kapitalmarktzinsen auf einem historisch niedrigen Niveau. Die niedrigen Zinsen müssen sich in einem abgesenkten TAL-Preis widerspiegeln. Er begrüßte den Einsatz von Vectoring, aber es dürfe nicht zu einem ordnungspolitischen Kollateralschaden kommen, der in einer Remonopolisierung des Marktes münde. Vectoring gehe daher nur mit klaren Zusagen für die anderen Marktteilnehmer, die den Wettbewerb sichern. Ellerbeck: „Wir laden die Telekom ein, den Wettbewerbern zeitgleich zum geplanten Start eigener Services ein gleichwertiges Vorleistungsprodukt anzubieten. Über Zeitpunkt, Preis und Qualität muss jetzt Einigkeit erzielt werden, um den Wettbewerb und die Wahlmöglichkeit der Verbraucher nicht auszubremsen.“
„Wir brauchen eine Vision für Breitband 2030 mit großen Entwicklungsschritten im Festnetz. Es fehlt eine langfristig ausgerichtete Strategie für den Festnetzmarkt, wie sie Politik und Wirtschaft bei LTE gemeinsam entwickelt und umgesetzt haben“, sagte der VATM-Vizepräsident. 40 Millionen Bürger hätten inzwischen einen Zugang zu schnellen LTE-Netzen hätten. Auch er unterstrich die Bedeutung der Digitalen Dividende II. Die Relevanz der TK-Industrie als Drehkreuz für andere Industrien mit derzeit rund 850.000 Beschäftigten müsse sich auch in der Politik in Berlin und Brüssel widerspiegeln.
Der Tele-Kompass Berlin-Mitte fand mit freundlicher Unterstützung von Ericsson statt.
Thesen sowie Zahlen zur „vernetzten Gesellschaft 2020“ finden Sie in einem aktuellen gemeinsamen Papier von Ericsson, WIK und VATM.