Rückblick Gerd Eickers

In den 90er-Jahren des letzten Jahrhunderts starteten viele junge, begeisterte Unternehmen in einen neuen liberalisierten Markt – allen voran die Mobilfunker. Wir alle sahen die großen Möglichkeiten und wir hatten eine Ahnung davon, welche spannenden technologischen Entwicklungen die Wirtschaft in den kommenden Jahren geradezu revolutionieren sollten. Wir wollten die Zukunft mitgestalten. Dabei war uns von Anfang an klar, dass wir nur gemeinsam etwas bewegen konnten. Die entscheidenden Markt- und Regulierungsfragen wurden nicht in Harmonie und Eintracht gelöst. Und natürlich war es das Ziel des wirtschaftlich starken ehemaligen Monopolisten, seine Marktmacht zu wahren. Er bekam reichlich Unterstützung – genau von der Seite, die sich eigentlich für Wettbewerb entschieden hatte: aus Teilen der Politik.

 

Eine der ersten Anhörungen zur Frage der Gestaltung des Wettbewerbs war im Jahr 1994 im damaligen Bundesministerium für Post und Telekommunikation. Alle, die schon einmal irgendwas in der Telekommunikation gemacht hatten, saßen in alphabetischer Reihenfolge nach Nachnamen geordnet im großen Sitzungssaal des Ministeriums und wurden nacheinander befragt. Über die damaligen Vorstellungen kann man heute nur schmunzeln. So erklärte der ehemalige Vorstand des Stromversorgers VIAG aus München, dass Wettbewerb eine tolle Idee sei, wenn man es bei zwei Wettbewerbern belassen würde – einen im Norden, einen im Süden. Der Vorsitzende der Deutschen Postgewerkschaft legte ausführlich dar, dass Wettbewerb Arbeitsplätze koste, schlecht für die Verbraucher sei und die Sicherheit nicht mehr gewährleistet wäre. Sein schärfstes Argument lautete, dass es schließlich Menschen gebe, die eine Lebensentscheidung getroffen hätten, nicht in den Wettbewerb zu gehen. Diesen Menschen, die alle bei der Telekom angestellt seien, könne man doch nicht einfach Wettbewerb aufzwingen.

So fing es damals an: Höchste Zeit also, dass die Wettbewerber nicht in alphabetischer Reihenfolge, sondern mit einer Stimme sprachen. Und dies ist dem VATM sehr schnell und – ich glaube – sehr gut gelungen. Innerhalb kürzester Zeit war der Verband in das Gesetzgebungsverfahren des Telekommunikationsgesetzes involviert und konnte viele Anregungen einbringen. Auch bei Markt- und Regulierungsfragen haben wir uns eingeschaltet – und unsere Argumente wurden vom Regulierer von Anfang an sehr ernst genommen.

 

Der Wettbewerb schuf die Voraussetzung, damit sich neue Technologien rasant entwickeln konnten, die die Menschen begeisterten und geradezu mitrissen. Innerhalb kürzester Zeit entstand in Industrie, Handel und Dienstleistungsbereich eine Vielzahl von Innovationen und Produkten, die die bisherige Kommunikations-Welt geradezu umkrempelte. Gleichzeitig entstanden in den jungen Unternehmen viele neue und moderne Arbeitsplätze.

 

Die TK-Branche ist heute der Enabler einer Gigabitgesellschaft – nicht zuletzt dank enormer Investitionen, besonders in modernste TK-Infrastrukturnetze. Die Digitalisierung trägt ganz wesentlich zur Fortentwicklung und zum Wachstum der deutschen Volkswirtschaft bei. Diese Dynamik darf nicht abgebremst werden. TK-Branche und Politik müssen weiterhin gemeinsam die Digitalisierung Deutschlands vorantreiben und diese beschleunigen – zum Nutzen der gesamten Wirtschaft und aller Bürgerinnen und Bürger.

Gerd Eickers

Erster Geschäftsführer und langjähriger Präsident des VATM. Gerd Eickers ist Mitgründer der QSC AG, Köln. Er trieb 1998 die Gründung des VATM maßgeblich voran. Als Präsident stand er dem Verband von 2005 bis 2013 vor. Eickers ist heute Mitglied im Aufsichtsrat der q.beyond AG (früher QSC AG).