03 Jun Parlamentarischer Abend des VATM: Glasfaserausbau am Scheideweg
Berlin, 02. Juni 2022. Intensive Gespräche zu schwierigen Entscheidungen: Beim Parlamentarischen Abend des VATM am 1. Juni in Berlin ging es vor allem um die zwei zentralen politischen Fragen, die den Glasfaserausbau und die Gigabitversorgung Deutschlands in den nächsten Jahren maßgeblich beeinflussen werden: Wird die künftige Förderkulisse den Glasfaserausbau vorantreiben und ermöglicht die Ausgestaltung des Rechts auf Versorgung mit Telekommunikationsdiensten eine schnelle Lösung auch für Menschen, die bislang besonders schlecht versorgt sind?
VATM-Präsident David Zimmer, Mitglied des Aufsichtsrats Unternehmensgruppe Deutsche Glasfaser, mahnte in seiner Begrüßung vor Bundestagsabgeordneten, Vertretern aus Ministerien, Landespolitikern und den Chefs der VATM-Mitgliedsunternehmen: „Wir sollten uns nicht mit scheinbar ambitionierten Zielen übertreffen, die am Ende den Ausbau verlangsamen und die gerade schlecht versorgten Bürgerinnen und Bürgern schaden statt nutzen.“
In den vergangenen Wochen hatte alle Verbände der TK-Branche vielfach und in seltener Einmütigkeit vor falscher politischer Entscheidungen gewarnt.
Dr. Urban Keussen, CTO der EWE AG, brachte in seiner Begrüßung als Hausherr der EWE-Hauptstadtrepräsentanz direkt am Brandenburger Tor die Bedenken der Branche auf den Punkt: „Wir als EWE schauen ebenso wie alle investierenden TK-Netzbetreiber mit großer Sorge auf den Streit um die künftige staatliche Förderung und auf die Flut von Verfahren, die ab 2023 auf uns zukommt. Wenn Anfang 2023 alle Gemeinden gleichzeitig Förderverfahren starten, sind diese Verfahren nicht mehr bedienbar. Und die Tiefbaupreise steigen dann so massiv an, dass der eigenwirtschaftliche Ausbau bedroht ist. Die Bundesländer argumentieren, das sei auch in der Vergangenheit nicht passiert. Das Gegenteil stimmt: Wir haben eine solche Welle von Förderverfahren schon einmal erlebt, als sich Verfahren häuften. Das war 2018. Die Folge waren massiv gestiegene Tiefbaupreise.“
Der Glasfaserausbau in Deutschland stehe an einem Scheideweg, mahnte auch VATM-Präsidiumsmitglied Wolfram Rinner, Geschäftsführer GasLINE GmbH, in seiner Keynote des Abends. „50 Mrd. € Investitionsgelder stehen für die nächsten Jahre zur Verfügung. 50 Mrd. €, die dem eigenwirtschaftlichen Ausbau einen enormen Schub verleihen. Aber es droht die Gefahr, dass der Ausbau durch private Investoren durch falsche politische Weichenstellungen konterkariert wird.“
Die TK-Branche, so Rinner, brauche eine gut strukturierte Förderkulisse, eine intelligente Verzahnung von eigenwirtschaftlichem und gefördertem Ausbau. Ebenso wichtig sei, dass der Glasfaserausbau nicht durch falsch gesetzte Mindestanforderungen im Rahmen des Rechts auf Versorgung mit Telekommunikationsdiensten behindert werde. „Lassen Sie uns Glasfaser und Gigabit ins Land bringen! Lassen Sie uns über Gigabit reden, nicht über wenige Megabit!“, appellierte Rinner an die Vertreter aus der Politik.
Der Parlamentarischer Abend des VATM war nach zwei Jahren Pandemie für Branche und Politik endlich wieder eine wichtige Gelegenheit zum Austausch. Vielen Dank an unseren Gastgeber, die EWE AG, für diese außergewöhnliche Location, und an unser VATM-Mitgliedsunternehmen GasLINE, das diese Veranstaltung so freundlich unterstützt hat.
Glasfaserausbau in Deutschland beschäftigt Abgeordnete aus den Koalitionsfraktionen und der CDU/CSU-Bundestagsfraktion intensiv.
Anlässlich des Parlamentarischen Abends erläuterte Johannes Schätzl, Berichterstatter der SPD-Bundestagsfraktion für Gigabitinfrastruktur: „Der eigenwirtschaftliche Ausbau hat Vorrang und es ist so viel Geld dafür im Markt wie noch nie. Wir werden für eine Förderkulisse sorgen, die dazu passt. Glasfaser für alle muss das Ziel in einer fortschrittlichen Industrienation sein!“
Tabea Rößner, Bündnis 90/Die Grünen, Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Digitales betonte: „Wir müssen Digitalisierung und Klimaschutz zusammendenken, weil die Digitalisierung viele Chancen bietet, Ressourcen effizienter einzusetzen. Deshalb müssen wir die Glasfaser flächendeckend ausbauen.“
„Von politischer Seite aus muss es uns darum gehen, die perfekten Rahmenbedingungen für den immer dynamischeren Ausbau zu ermöglichen“, sagte Maximilian Funke-Kaiser, digitalpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion. „Das setzt den im Koalitionsvertrag genannten Vorzug des eigenwirtschaftlichen Ausbaus klar voraus. Beschleunigte Genehmigungsverfahren, ein effektiveres Förderregime und ein Zusammenspiel zwischen Bund, Ländern und Branche, welches sich nicht gegenseitig blockiert, sind dabei essentiell. So beschleunigen wir in der Gesamtheit den Glasfaserausbau.“
Nadine Schön, stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, erwartete: „Eine klare Versorgungsstrategie muss von Politik und Unternehmen gemeinsam erarbeitet werden, damit wir alle weißen und grauen Flecken im Land beseitigen können. Die Gigabitstrategie muss bald Klarheit schaffen, wie der weitere Fahrplan für die nächsten Jahre ist.“
„Highspeed-Infrastruktur darf nicht in Aktenordnern daherkommen: Wir brauchen deutlich mehr Fortschritt bei digitalen Genehmigungsverfahren für den schnellen Glasfaserausbau!“, forderte Hansjörg Durz, stellvertretender Vorsitzender der CSU-Landesgruppe im Bundestag.