17 Aug Bundesnetzagentur zu „erschwinglichen Preisen“ – VATM: Grundsätze entsprechen nicht den Vorgaben des Gesetzgebers
Berlin, 17.August 2022. Auf große Kritik stoßen die Grundsätze zur Ermittlung erschwinglicher Preise im Zusammenhang mit dem Recht auf Versorgung mit Telekommunikationsdiensten (RaVT) beim VATM. Diese hat die Bundesnetzagentur (BNetzA) aktuell veröffentlicht. Sie sollen die Preise für den einmaligen Anschluss und die monatlichen Dienste festlegen, wenn ein Unternehmen im Zuge des RaVT verpflichtet wird, einen Bürger/Standort mit Internet und Telefonie zu versorgen.
„Das von der Regulierungsbehörde vorgesehene Verfahren rein auf durchschnittliche marktübliche Preise zu setzen, ist aus unserer Sicht unlogisch und verstößt gegen alle marktwirtschaftlichen und ordnungspolitischen Grundsätze“, kritisiert VATM-Geschäftsführer Jürgen Grützner deutlich: „Die Festlegungen entsprechen vor allem aber auch nicht den Vorgaben des Gesetzgebers. Dieser hatte zwar Durchschnittspreise als Anker für die Festlegung vorgegeben, jedoch sollte gerade die sinnvolle und notwendige Abweichung hiervon ermittelt werden.“ Marktübliche Preise setzen sich aus unter- und überdurchschnittlichen Preisen zusammen. In den am schwersten zu erschließenden und bis heute unversorgten Gebieten muss sich der Preis zumindest am oberen marktüblichen Preis orientieren. Er darf keinesfalls auf Basis von Preisen ermittelt werden, die in Ballungszentren oder dank lange abgeschriebener Kupfernetze angeboten werden können.
Eine einfache Betrachtung der Durchschnittspreise greift aus Sicht des VATM auch bei Regionalisierung und Unterteilung in Anschluss und Dienste definitiv zu kurz. Durch die technologieneutrale Betrachtung von Durchschnittspreisen wird zudem von vorneherein ausgeschlossen, dass Satellitenanbindungen – vor allem via erdnahen und besonders leistungsstarken Satellitennetzwerken – für die Sicherstellung der Internet-Grundversorgung genutzt werden können. „Die jetzt vorgesehene Regelung ist unseres Erachtens nicht im Sinne der Bürger:innen oder des Parlaments. Viele Punkte, die der Gesetzgeber angelegt hatte – wie etwa regionale Besonderheiten, und zwar auch innerhalb von Landkreisen, das Haushaltsnettoeinkommen und weitere Referenzpunkte –, blieben von der BNetzA unberücksichtigt.
„Durchschnittspreise nicht als sinnvollen Aufsetzpunkt zu nutzen, sondern in der vorliegenden Weise als Erschwinglichkeitsgrenze festzulegen, bedeutet denklogisch, dass alle höheren, den Ausbaukosten angemessene und auch marktübliche Preise nun als unerschwinglich anzusehen sind“, so VATM-Geschäftsführer Grützner: „Schlimmer noch, sogar die Feststellung ob eine ausreichende und erschwingliche Versorgung vorliegt oder der Staat über den Universaldienst ein Unternehmen zum Ausbau verpflichten kann, würde schon bei absolut üblichen Marktpreisen zur Feststellung einer angeblichen `Unterversorgung´ führen.“
Es kann zudem nicht politisches Ziel sein, dass ein Nachbar einen günstigeren Preis erhält als alle seine Nachbarn seit Jahren marktüblich, aber oberhalb eines fiktiv berechneten Durchschnitts zahlen. „Des Weiteren ist eine falsche Preisfestlegung nur für die Universaldienstprodukte mit wenig Bandbreite bei deutlich höheren Preisen für mehr Bandbreite nicht sinnvoll und schadet dem Glasfaser- und Mobilfunkausbau massiv“, kritisiert Grützner.
Neue Netze werden im Rahmen von RaVT-Verpflichtungen nicht nur in Universaldienstqualität errichtet, sondern leisten deutlich mehr. Genau hier werden und müssen die Preise für höherqualitative Produkte sich oberhalb von Durchschnittswerten und eher im oberen Bereich marktüblicher Preise einpendeln können. Grützner: „Ganz besonders kritisch ist diese Entwicklung für viele Neubaugebiete, die statt Glasfaserförderung und Glasfaserausbau auf höchstem Niveau durch BNetzA-Verfahren in die Universaldienstdiskussion hineingezogen werden.“
Sein Fazit: „Statt Billigpreisen für ein `Billigprodukt´ müssen völlig marktübliche Preise technologieneutral grundsätzlich als erschwinglich angesehen werden.“