04 Apr. Lichtgeschwindigkeit für die Zukunft: Missbräuchlichen Überbau vermeiden
Der Mehrfachausbau, welcher in der öffentlichen Debatte häufig mit dem Begriff des Überbaus gleichgesetzt wird, bezeichnet den Ausbau, manchmal auch das Vorhaben des Ausbaus, in einem Gebiet, in dem bereits ein Glasfasernetz existiert oder in Planung ist.
Netzdopplung kann Teil des Infrastrukturwettbewerbs sein. In Regionen, in denen mehr als ein Glasfasernetz profitabel betrieben werden kann, unterstützt diese Doppelung den Wettbewerb und ist aus Sicht des Leitbildes zu begrüßen. In vielen Regionen wird es allerdings nicht möglich sein, mehrere Netze profitabel zu betreiben. Dort kann Überbau dennoch aus strategischen Überlegungen getätigt werden mit seinen negativen Wirkungen auf die Ausbauanreize und damit auf den Wettbewerb. Im Folgenden fokussieren wir uns auf diesen Fall.
Ähnlich wie bei der Analyse des „Chainstore-Game“ kann ein dominantes Unternehmen den Anreiz haben, sequenziellen Eintritt in den Markt durch für beide Unternehmen verlustbringende Maßnahmen zu behindern. Beim „Chainstore-Game“ gibt es ein marktmächtiges Unternehmen, den Chainstore, der in vielen Regionen vertreten ist und regional einzelne Wettbewerber, die einzeln und sequenziell über einen Markteintritt entscheiden. Falls Eintritt in einen Markt erfolgt, kann der Chainstore einen Preiskrieg („fight“) lostreten, der sowohl für den regionalen Markteintreter sowie den Chainstore selbst verlustbringend ist. Die alternative Strategie für den Chainstore ist, den Markteintritt und damit geringere Profite zu akzeptieren.
Bei sequenziellen Eintritten profitiert der Chainstore von frühen „fight“-Entscheidungen, um seine Reputation aufzubauen und damit den Markteintritt in weitere Regionen abzuwehren. Wenn im Markt der Eindruck entsteht, dass das dominante Unternehmen diese Strategie fährt („fight“), werden neue Eintritte in den Markt unwahrscheinlicher.
Diese strategische Situation lässt sich auf den Glasfasermarkt übertragen. Die Gefahr, als Netzbetreiber überbaut zu werden, erhöht das Investitionsrisiko. Dies gilt insbesondere dann, wenn das überbauende Unternehmen die finanzielle Stärke hat, um bei „fight“ kurzfristige Verluste zu akzeptieren, bereits einen großen Kundenstamm in der Region besitzt und diese Bestandskunden von dem Kupfernetz auf das eigene Glasfasernetz migrieren wird. Entsprechend der Systematik des Chain-Store-Games schreckt das marktmächtige Unternehmen den Ausbau nicht nur in diesem einen Gebiet ab, sondern signalisiert seinen Wettbewerbern auch in anderen Regionen die Gefahr eines möglichen Überbaus. Ankündigungen eines solchen können dann bereits dazu führen, dass sich Investoren zurückziehen.
Konzeptionell entgeht man der Systematik eines Chain-Store-Games, indem die Entscheidungen über Markteintritte nicht sequenziell, sondern simultan erfolgen. Dies kann im vorliegenden Fall erreicht werden, indem Ausbaupläne für einen angemessenen Zeitraum vorgelegt werden müssen. Der Verdrängungseffekt geht vom marktbeherrschenden Unternehmen aus, deshalb ist eine asymmetrische Transparenzpflicht, bei der die Deutsche Telekom eine solche Ausbauliste mit zeitlichem Abstand zum tatsächlichen Ausbau pflegt, konzeptionell ausreichend. Diese Pläne müssen sanktionsbewehrt sein, d. h. ein Nichtausbau in dem geplanten Zeitraum sowie der Ausbau ohne Vorlage eines Plans müssen entsprechende Bußgeldzahlungen nach sich ziehen.
Eine Ergänzung kann ein Moratorium für den Überbau in Regionen mit wenig Haushalten sein. Ein Moratorium sorgt dafür, dass ein Wettbewerber nach Ausbau des Netzes ausreichend Zeit hat, einen Kundenstamm aufzubauen und damit profitabel zu werden. Dies würde die Asymmetrie im Wettbewerb senken und damit wettbewerbsfördernd wirken. Durch die Möglichkeit der Verknüpfung des Moratoriums mit einem Open-Access-Agreement des ausbauenden Unternehmens, können zusätzlich mögliche negative Effekte auf weitere Unternehmen begrenzt werden.