02 Sep Bundesnetzagentur stellt fest: Telekom bietet zu schlechte Qualität und behindert den Wettbewerb im Geschäftskundenmarkt
Bonn/Köln, 2. September 2020. Jetzt ist es amtlich: Die Bundesnetzagentur (BNetzA) hat festgestellt, dass die Telekom ihre beträchtliche Marktmacht im Geschäftskundenmarkt „missbräuchlich ausnutzt“, ihre Konkurrenten behindert und deren Wettbewerbsmöglichkeiten erheblich beeinträchtigt. Für den „Zugang zu Teilnehmeranschlüssen mit hoher Qualität“ hat die Regulierungsbehörde jetzt verbindliche Regeln festgelegt, mit denen eine deutlich bessere Qualität gerade bei für die Wirtschaft wichtigen Telekommunikationsleistungen sichergestellt werden soll. Die Telekom muss nun ihre Angebote an die Wettbewerber unter anderem hinsichtlich deutlich kürzerer Bereitstellungszeiten nachbessern.
„Solange es noch keine bundesweiten alternativen Gigabit-Netze gibt – und das wird noch zehn Jahre dauern –, sind die Wettbewerberunternehmen bei der Realisierung von Geschäftskundenanschlüssen in ganz Deutschland auf das Kupfernetz der Telekom und deren Vorprodukte angewiesen“, sagt VATM-Geschäftsführer Jürgen Grützner. Der VATM hatte das Missbrauchsverfahren 2019 gemeinsam mit acht seiner Mitgliedsunternehmen angestoßen. Der VATM vertritt als einziger Verband in Deutschland einen Großteil der Wettbewerberunternehmen, die die Wirtschaft mit speziellen Geschäftskundenangeboten versorgen
Die BNetzA hat festgestellt, dass sich die Telekom vertraglichen Regelungen zu angemessenen Fristen für Auftragsbestätigungen und Produktbereitstellungen sowie zu Vertragsstrafen bislang missbräuchlich verweigert. Zudem wurde die Dauer untersucht, die bis zur tatsächlichen Bereitstellung des Produkts vergangen sind: Im Durchschnitt der Jahre 2017, 2018, 2019 waren es 71, maximal sogar unglaubliche 696 Arbeitstage. Zuletzt hatten sich die Laufzeiten immer weiter verschlechtert, so dass sich der VATM zum Handeln gezwungen sah und die Einleitung eines sogenannten Missbrauchsverfahrens beantragte.
„Schlechte Termintreue der Telekom bedeutet, dass sowohl der Geschäftskunde als auch der Wettbewerb Schaden nehmen. Die faire Teilnahme an Ausschreibungen der Wirtschaft wurde hierdurch oftmals verhindert. Hier war ein Eingreifen dringend geboten“, fasst Grützner zusammen. Auch vom VATM geforderte Strafen für Verstöße gegen die neuen Regeln sind nun vorgesehen. Die BNetzA sieht ein wirksames Druckmittel – Sanktionierung mit Vertragsstrafe – als erforderlich an, um Bereitstellungsfristen auch verbindlich wirken zu lassen.
Dabei hatte der Branchenverband im Vergleich zum jetzt veröffentlichten Beschluss (Az. BK2c-19/032) der Regulierungsbehörde noch kürzere Fristen und höhere Vertragsstrafen gefordert. Auch die BNetzA sieht bei den Bereitstellungsfristen weiteres Verkürzungspotential und hat angekündigt, Verbesserungen in noch laufenden Verfahren zu prüfen und diese dann auch erneut verbindlich gegenüber der Telekom anzuordnen. Zudem behält sich die Behörde vor, die Einhaltung der Regeln durch die Telekom zukünftig umfänglich zu überprüfen. „Es wird sich erst noch zeigen müssen, ob die eher geringen Vertragsstrafen ausreichend sind, um die Telekom vom Missbrauch ihrer marktbeherrschenden Stellung wirksam abzuhalten. Aber es ist gut zu wissen, dass die BNetzA als Schiedsrichter auf dem Platz ist und auf mögliches Foulspiel achten will“, so Grützner.
Der VATM-Geschäftsführer begrüßt die klare Positionierung der Bundesnetzagentur zu Gunsten der Leistungsfähigkeit der deutschen Wirtschaft: „Die Entscheidung wird wesentlich dazu beitragen, dass die Telekom ihre Leistungen verbessert und stärker auf die Einhaltung der vertraglichen Zusagen achten muss. Die Entscheidung ist zudem eine gute und wichtige Grundlage für unsere weiteren Verhandlungen mit der Telekom. Denn wir wollen auch in Zukunft, wo immer möglich, die Einigung im Markt. Wir sind bereit, dem marktmächtigen Unternehmen eine faire Chance zu geben, sich marktkonform zu verhalten und auf das Ausspielen seiner Marktmacht zu verzichten.“