22 Sep. Onlinezugangsfolgegesetz 2.0: Verwaltungsdigitalisierung in Trippelschritten – mangelnde Verbindlichkeit durch fehlende Umsetzungspflicht
Köln, 22. September 2023. Große Hoffnungen richteten sich auf den neuen Entwurf des Onlinezugangsgesetzes (OZG) mit dem Ziel, die Verwaltungsdigitalisierung entschieden voranzubringen. In der ersten Lesung im Bundestag wurde deutlich: auch OZG 2.0 schafft nicht ausreichend die erforderlichen Rahmenbedingungen, die für die Umsetzung der Verwaltungsdigitalisierung nötig wären.
Dabei beinhaltet die Gesetzesanpassung durchaus einige wesentlichen Verbesserungen, beispielsweise die Integration der Once-Only-Generalklausel, die den Bürger:innen die Entscheidungsmöglichkeit gibt, ihre einmal hochgeladenen Dokumente für alle berechtigten behördlichen Prozesse abrufbar zu machen. Durch diese digitale Dokumenten-Datenbank wird den Bürger:innen viel der heute noch so lästigen und ständig erforderlichen Doppelarbeit abgenommen. Klappen kann das aber nur, wenn alle Behörden auch auf diese Datenbank zugreifen können und vor allem müssen. Ähnlich effektiv für die Verwaltungsdigitalisierung ist der sogenannte Schriftformersatz, durch den die Notwendigkeit handschriftlicher Unterschriften stark reduziert werden kann und damit Onlineverwaltung überhaupt erst sinnvoll möglich wird.
Auch sieht das Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) eine dringend notwendige zentrale länderübergreifende Plattform für relevante Standards und Schnittstellen vor, über die sich die Softwarehersteller, die Verwaltungsdigitalisierung auf Länder- und Kommunalebene umsetzen, bedienen können. Dabei fokussiert sich das BMI jedoch nach wie vor auf die Benutzeroberfläche, anstatt die eigentlichen Schnittstellen und Prozesse im Backend zu definieren und eine IT-Architektur aufzubauen, über die Bund und Länder Basiskomponenten, Onlinezugänge und Fachverfahren bereitstellen könnten. Kleinteilige kommunale Lösungen wären die Folge mit weiterhin hoher Komplexität und geringer Effizienz.
Vor allem fehlen jedoch für eine erfolgreiche Umsetzung des OZG 2.0 klare Definitionen bezüglich Rollenverteilung, Zuständigkeiten und spezifische zeitliche Umsetzungspflichten. Klare Zielvorstellungen und eine Timeline mit effizientem Monitoring wären gerade nach den im internationalen Vergleich ernüchternden Erfahrungen eine Mindestambition, möchte man die Verwaltungsdigitalisierung in Deutschland endlich ernsthaft angehen.
Wieder werden einzelne durchaus sinnvolle Ziele verfolgt, ohne die erforderliche ambitionierte und engmaschig kontrollierte Umsetzung der hierfür erforderlichen Schritte verbindlich festzuschreiben und zu monitoren. „Es bleiben Trippelschritte auf einem noch weiten Weg für Deutschland“, bedauert VATM-Geschäftsführer Jürgen Grützner. Ganz wesentlich würden die föderalen Strukturen hierzu beitragen. „Die hinlänglich bekannten Nachteile im Vergleich zu zentralistischen Verantwortlichkeiten müssen überwunden werden, wenn Deutschland aufholen soll, statt weiter zurückzufallen. Lösen wir diese strukturellen Probleme nicht, werden wir die Potentiale der Digitalisierung nicht ausschöpfen können.“ Die Folgen für den Wirtschaftsstandort Deutschland und unseren Wohlstand wären weitreichend. „Wir brauchen mehr Digitalisierung, schneller und einheitlicher. Vor allem aber müssen Prozesse neu gedacht werden und nicht analoge in digitale verwandelt werden. Die Chance hierzu sollte auch im OZG 2.0 besser genutzt werden“, so Grützner.