02 Jul TKG-Novelle darf für Wirtschaft und Wettbewerb nicht zum Bremsklotz werden
Das neue TKG soll die Basis für den Glasfaserausbau in den nächsten 10 Jahren schaffen, droht aber genau diesen zu verzögern, statt ihn zu beschleunigen. Positiv ist, dass einige bürokratische Hemmnisse im Zusammenhang mit Baugenehmigungsverfahren abgebaut werden sollen. Hierdurch werden insbesondere die Vorschläge der Wirtschaft und des VATM aus dem Digital-Gipfel 2019 umgesetzt.
Auf der anderen Seite ist zu befürchten, dass das Gesetz, das der Umsetzung zentraler EU-Vorgaben bis Ende des Jahres dienen soll, enorme Belastungen für ausbauende Unternehmen und Wirtschaft schafft, die von der EU-Richtlinie in keiner Weise gewollt oder vorgegeben sind.
Unter dem Deckmantel vermeintlichen Daten- oder Verbraucherschutzes drohen im Rahmen der TKG-Novelle neue Belastungen für die Unternehmen, obwohl gerade dies durch eine Vollharmonisierung der EU vermieden werden sollte. Für Abrechnung und Rechnungsstellung erforderliche Daten würden zukünftig nicht mehr erhoben werden können und so würden beliebte Diensteangebote zukünftig unmöglich gemacht. Die systemwidrige Einführung von Minderungsrechten bei Werkverträgen würde zu enormen Problemen führen. Und trotz schon milliardenschwerer laufender Förderprogramme für weiße Flecken könnten Unternehmen nun zusätzlich einem völlig unsinnigen und in der Praxis bautechnisch nicht umsetzbaren Individualanspruch auf Bereitstellung einer einzelnen Leitung ausgesetzt sein. Erhebliche Rechtsunsicherheit für Bürger und Unternehmen durch das neue Gesetz statt einer konsistenten und effizienten Förderkulisse wären die Folge.
Besonders problematisch wäre auch eine weitere Entlassung der Telekom aus der Regulierung. Die Wettbewerber setzen beim Glasfaserausbau stark auf Kooperationen. Für die Telekom einen Sonderstatus für Kooperationen zu schaffen, wäre das falsche Signal und würde die klaren Wettbewerbsregeln aus Brüssel teilweise außer Kraft setzen. Der Telekom würde für ein bisschen mehr Glasfaserausbau weniger Wettbewerb in Aussicht gestellt. Der Erfolg der Wettbewerber, die die eigentlichen Treiber des Investitionswettbewerbs sind, würde damit aufs Spiel gesetzt.
Bis heute sind 80 Prozent der in Deutschland von den Bürgern gebuchten FTTB/H-Anschlüsse (Glasfaser bis zum Gebäude/zur Wohnung) von den Wettbewerbern gebaut worden. (Lesen Sie dazu mehr in der 2. Gigabit-Studie 2020 von DIALOG CONSULT und VATM.)
Die Veröffentlichung des voraussichtlich rund 400 Seiten starken Referentenentwurfs wurde seit Ende 2019 angekündigt und immer wieder verschoben. Diese Verzögerungen dürfen nun aber keinesfalls zu Lasten der Branche gehen. Unternehmen und Verbände brauchen für eine detaillierte und sachorientierte Bewertung ausreichend Zeit. Qualität statt Hektik muss das Ziel der Bundesregierung sein, wenn das Gesetz einen guten Start in die Gigabit-Welt der Zukunft und in unsere Digitalisierung bieten soll. Positiv sind in diesem Zusammenhang Signale aus Brüssel, keine Vertragsverletzungsverfahren einzuleiten, wenn die Umsetzung des EECC in deutsches Recht nicht bis Ende 2020 gelingt. Damit bleibt Zeit für gute, tragfähige und gemeinsame Lösungen und einen intensiven Austausch zwischen Politik und Wirtschaft.