27 Aug VATM-Innovationszirkel auf der Spielemesse: Der TK-Markt aus Gamer-Sicht
Am Wochenende ist in Köln die 14. Ausgabe der gamescom zu Ende gegangen. Die weltgrößte Messe für Computer- und Videospiele kann fast jedes Jahr einen neuen Besucherrekord verzeichnen. Schon lange werden in Köln nicht mehr nur neue Spiele gezeigt – die Messe ist auch Treff für alle Branchen, die eng oder nur im weitesten Sinne mit der Gaming-Industrie verbunden sind.
Welche Anforderungen stellen Gamer an ihren Internetanschluss? Wie wichtig ist die Zielgruppe der Gamer für die Telekommunikationsanbieter? Welche Gemeinsamkeiten und Anknüpfungspunkte, aber auch Unterschiede gibt es zwischen beiden Branchen? Um diesen Fragen auf den Grund zu gehen und einen Blick hinter die Kulissen zu werfen, traf sich der VATM-Innovationszirkel auch 2024 wieder auf der gamescom.
Bei der gemeinsam mit dem game-Verband ausgerichteten Runde berichteten hochkarätige Referenten wie Prof. Dr. Lutz Anderie über den Markt für Videospiele in Deutschland, Monetarisierungsmodelle und Wachstumschancen für den TK-Markt. Die rund 20 Teilnehmenden, vorrangig Experten für Produktentwicklung, wurden hellhörig und wollten mehr darüber wissen, wie „der Gamer“ so gestrickt ist und was für Angebote seitens der Internetanbieter für ihn interessant sein könnten.
Vor allem die Ausführungen von Michael Haenisch, CEO der Freaks 4U Gaming GmbH, machten deutlich, dass der Markt in Deutschland noch viel Potenzial bietet. „Der Anknüpfungspunkt ist die Digitalisierung“, stelle der Experte klar. Da sei Deutschland noch lange nicht so weit wie andere Länder. Seine Firma berät Unternehmen – auch Banken – aus der Perspektive der „Community“ und organisiert E-Sports-Turniere auf nationaler und europäischer Ebene.
„Wir haben verschiedene Messestandorte in Deutschland angeschrieben und haben mit Erschrecken festgestellt, wie schlecht die Messegelände digitalisiert sind“, so Haenisch. Teilweise hätten die Messen nicht einmal mit 10 Gbit/s zwischen den Hallen transferieren können, während bei einer Convention in Schweden kürzlich ein Weltrekord von 400 Gbit/s aufgestellt worden sei. In Köln sei inzwischen „viel gemacht“ worden, wohl auch dank der gamescom, aber das sei kein Selbstläufer gewesen.
Am Freaks 4U-Firmensitz in Berlin-Spandau habe man vier Jahre lang für einen Glasfaser-Anschluss kämpfen müssen, berichtet Michael Haenisch. Und das, wo das Unternehmen hauptsächlich digital „remote“ arbeite. Inzwischen habe man in Spandau nicht nur ein Glasfasernetz, sondern gleich vier. „Das ist in Berlin. In anderen Gegenden ist eigenwirtschaftlicher Ausbau gar nicht möglich“, weiß auch der E-Sports-Experte.
Die TK-Branche habe die Gaming-Community offenbar gar nicht im Blick. „Den Poweruser lockt man nicht mit 150 statt 100 Mbit/s und 60 statt 30 fps. Der will unbegrenzte Power“, sagt Haenisch überspitzt.
Wichtig zu wissen für die TK-Anbieter: Die Bandbreite ist nur das eine, noch wichtiger ist die Latenz. Wenn es zwischen dem Druck auf die Taste und der Reaktion im Spiel eine merkliche Verzögerung gibt, kann der Teilnehmer kaum noch mithalten. Wenn der Ping zu hoch ist, wird er schon aus der virtuellen Lobby herausgekickt. Die Techniker Krankenkasse habe herausgefunden, dass es zu erheblichen psychischen Belastungen kommen kann, wenn ein Gamer wegen schlechter Internetverbindung häufig „schuld“ an der Niederlage seines Teams ist.
Hier besteht also noch Wachstumspotenzial für den TK-Markt, und eine große Chance. Studien hätten gezeigt, dass ein Diensteanbieter, der etwa im E-Sport als Sponsor in Erscheinung tritt, eine um 76 Prozent höhere Wahrscheinlichkeit hat, von einem Gamer gewählt zu werden, als jene, die das nicht tun. Bundle-Angebote seien dagegen eher Nischenprodukte und würden die meisten Gamer nicht ansprechen. Am ehesten seien in diesem Sinne noch Pakete aus Internetzugang und sogenannten „Gamer-Pässen“ interessant.
Nach den aufschlussreichen Vorträgen gab es noch einen Rundgang über die Messe. An den Ständen von Hoyoverse, Samsung und TikTok standen Mitarbeiter bereit, um ihre Produkte zu erklären. Die Teilnehmer des VATM-Innovationszirkels waren sich einig, dass man die Gespräche zwischen TK- und Games-Branche vertiefen sollte. Im nächsten Jahr könnte der Innovationszirkel zum Beispiel als Panel auf dem gamescom congress stattfinden – und damit auf der ganz großen Bühne.
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