Lichtgeschwindigkeit für die Zukunft: Durch kluge Kupfer-Glasfaser-Migration

Lichtgeschwindigkeit für die Zukunft: Durch kluge Kupfer-Glasfaser-Migration

Eine wettbewerbsfreundliche Kupfer-Glasfaser-Migration, also die Abschaltung des Kupfernetzes, ist zentral für das Erreichen eines wettbewerbsorientierten Marktes 2030. Während in vielen Mitgliedstaaten der Europäischen Union die Migration bereits angekündigt oder gestartet wurde, sieht die Situation in Deutschland anders aus. Im Februar 2024 sind in Deutschland erste Pilotprojekte angelaufen. Eine vollständige Kupfer-Glasfaser-Migration bis 2030, wie es sich die EU-Kommission in ihrem Whitepaper vorstellt, scheint in Deutschland jedoch fast nicht zu schaffen sein.

Das Kupfernetz ist im Besitz der Deutschen Telekom. Als Eigentümerin hat sie dementsprechend auch das Initiativrecht bei der Abschaltung des Kupfernetzes. Nach § 34 TKG kann das marktmächtige Unternehmen die Abschaltung für einzelne Regionen bei der Bundesnetzagentur mit mindestens einem Jahr Vorlaufzeit beantragen. Dabei hat die Deutsche Telekom strategische Anreize, von denen nicht nur die alternativen Netzbetreiber, sondern auch die Vorleistungsnachfrager und Endkunden betroffen sind.

Da der parallele Betrieb des eigenen Kupfer- und Glasfasernetzes betriebswirtschaftlich dauerhaft unrentabel ist, hat die Deutsche Telekom insbesondere einen Anreiz die Kupfernetze dort zügig abzuschalten, wo sie selbst ein Glasfasernetz ausgebaut hat. Dies hat aus ihrer Sicht den zusätzlichen Vorteil, dass sie durch sog. „Lock-in“-Effekte große Teile ihres ausgedehnten Bestandskundenstammes auf eigene Produkte wird migrieren können. Je nach Ausgestaltung der neuen Vorleistungsprodukte kann die Deutsche Telekom auch Endkunden hinzugewinnen, wenn sich Vorleistungsnachfrager des Kupfernetzes aus der Region zurückziehen oder weniger attraktive Endkundenprodukte auf Basis der glasfaserbasierten Vorleistungen anbieten können.

Bei der Kupfer-Glasfaser-Migration sollte daher auf die Ausgestaltung der Vorleistungen im Glasfasernetz geachtet werden. Diese sollten mit den Vorleistungen im Kupfernetz vergleichbar sein. Ein Squeeze-out, also ein Herausdrängen der Vorleistungsnachfrager muss bei der Migration vermieden werden, um Endkunden weiterhin Produktauswahl zu garantieren.

In Regionen, in denen die Deutsche Telekom keine Glasfaser verlegt hat, wird sie eigenständig die Kupfernetze entweder nicht abschalten oder nur, wenn sie auf lukrative Angebote des Zugangs zum Glasfasernetz zugreifen kann. Durch Abschalten würde sie die Gewinne aus dem Kupfernetz verlieren sowie die Option, ihre Bestandskunden zu einem späteren Zeitpunkt auf ein eigenes Glasfasernetz zu migrieren. Um sie wirtschaftlich zum Abschalten zu bewegen, müssten die Betreiber des in der Region betriebenen Glasfasernetzes ihr lukrative Konditionen für den Netzzugang anbieten. Eine solche unregulierte Migration geht insbesondere zu Lasten der alternativen Glasfasernetzbetreiber, die auf eine ausreichende Auslastung angewiesen sind. Die Weiterführung der Kupfernetze würde zu einer deutlich niedrigeren Auslastung im Glasfasernetz beitragen. Dies kann insbesondere in Regionen mit möglicher Infrastrukturdopplung ausschlaggebend dafür sein, den Bau eines zusätzlichen Netzes zu unterlassen und schadet damit dem Infrastrukturwettbewerb.

Des Weiteren ist bei der Migration auf einen endkundenzentrierten Prozess zu achten. Im Moment wirkt das regulierte Kupfernetz auch als Preisanker bei den Vorleistungsentgelten und damit schlussendlich auch auf dem Endkundenpreis, d. h. glasfaserbasierte Produkte können einen Preisaufschlag nur für ihren Mehrwert gegenüber diesem Kupfernetz verlangen. Bei einer Migration in ein unreguliertes Glasfasernetz ginge dieser Preisanker verloren. Jedoch kann in Regionen mit alternativen Technologien auch durch diesen Preisdruck auf der Endkundenebene entstehen.

Die Ausgestaltung der Kupfer-Glasfaser-Migration wird die Marktstruktur des Festnetzmarktes maßgeblich beeinflussen. Für einen wettbewerbsorientierten Markt ist eine diskriminierungsfreie und kundenzentrierte Migration unerlässlich.

Der Zugang zum Kupfernetz der Deutschen Telekom wird reguliert, um Wettbewerbsverzerrungen zu verhindern. Dieses Prinzip gilt auch für die Kupfer-Glasfaser-Migration: Um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden, sollten ähnlich gut ausgebaute Glasfasernetze zu identischem Abschaltverhalten führen, unabhängig davon, wer das Glasfasernetz ausgebaut hat.

Auch ein geregeltes Abschaltdatum, etwa in Anlehnung an die Forderung der EU, die Kupfernetze bis 2030 abzuschalten, würde eine diskriminierungsfreie Migration sicherstellen und sollte geprüft werden. Dabei ist darauf zu achten, dass eine wettbewerbssichernde Migration der Vorleistungsnachfrager möglich ist.